Berufsbegleitende Weiter- und Zusatzausbildung zum/r systemischen Berater*in

Grundlagen und Ziele der Weiterbildung

Grundlage der Weiterbildung ist ein systemischer Denk- und Handlungsansatz, der im Bereich der Familientherapie entwickelt wurde und seither in verschiedenen sozialen Arbeitsfeldern angewandt wird. In diesem Ansatz werden der Mensch, seine Umgebung und seine Beziehungen als Ganzheit gesehen. Das führt dazu, dass der Ursprung einer Störung nicht mehr vorrangig im Individuum lokalisiert wird, sondern das soziale Beziehungsnetz der Klient*innen
in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt wird.
Familien, Gruppen, Institutionen und Teams werden als lebendige Systeme betrachtet, die sich sowohl in ihrer Arbeitsfähigkeit, als auch in
ihren Blockierungen nach systemischen Regeln entwickeln. Probleme und
Störungen werden als Kompromisse bzw. Lösungsversuche in Konfliktbereichen verstanden, die innerhalb des Systems bisher nicht produktiver zu
lösen waren. Unser Ansatz des systemischen Arbeitens zielt darauf ab, den Sinn von Störungen („reframing“ ) zu verstehen, die vorhandenen Ressourcen
zu nutzen und zu stärken (Hilfe zur Selbsthilfe), um neue, produktivere
Lösungen zu entwickeln (Lösungsorientierung).
Die Weiterbildung soll die einzelnen Teilnehmer*innen befähigen
> Zusammenhänge in Beziehungsnetzen zu erkennen (Systembeobachtung)
> diese zu verstehen (ganzheitliche Systemanalyse)
> auf produktive Veränderungen hinzuwirken
(effektive Systemintervention)
> die eigenen Kräfte ökonomisch einzusetzen und
mit Grenzen besser umzugehen (Effizienz und Psychohygiene)
Wir bieten mit dieser Weiterbildung systemische Denk- und Handlungsansätze an, die spezifisch auf die soziale und pädagogische Arbeit mit Gruppen, Familien, Teams und Einzelnen zugeschnitten sind.
Wir nutzen Methoden aus der Familientherapie und aus anderen systemischen und lösungsorientierten Beratungsansätzen und übertragen diese auf die verschiedenen Arbeitsfelder. Wir suchen bewusst die Vielfalt, um interdisziplinäres Lernen zu ermöglichen und den Blick über den Tellerrand der eigenen Spezialisierung zu erweitern.
Neben der Vermittlung und Einübung verschiedener Methoden wird ein besonderer Schwerpunkt auf die Reflexion des institutionellen Kontextes sowie seiner Möglichkeiten und Grenzen gelegt. Ebenso werden Gruppenprozesse und deren Auswirkungen auf die einzelnen Mitglieder reflektiert. Durch familienorientierte Selbsterfahrung erhalten die Teilnehmer*innen die Gelegenheit, sich mit der eigenen Herkunftsfamilie zu befassen, um damit die eigene Person im systemischen Kontext als wichtigstes „Werkzeug“ nutzen zu können.
Seit 1989 bilden wir mit dem Grundkonzept mit sehr guten Rückmeldungen aus. In vielen Durchgängen haben mehrere tausend Teilnehmer*innen die Weiterbildung absolviert. Das Programm wurde auch bei vielen Einrichtungen, Trägern und Organisationen als Inhouse-Qualifizierung erfolgreich durchgeführt.

Ablauf der Weiterbildung

Die Weiterbildung ist aufgegliedert in 7 Blockseminare (jeweils 4-5 Tage) mit insgesamt 30 Tagen und erstreckt sich auf einen Zeitraum von etwa zwei Jahren. Begleitend finden 19 Tage Supervisionssitzungen statt. In der Supervision werden anhand von konkreten Fallbesprechungen die Themen der Seminare vertieft. Die Teilnehmer*innen werden dabei unterstützt, die in den Semi-
naren vermittelten Inhalte auf ihre Arbeitsfelder anzuwenden. Die weite-
re Vertiefung der einzelnen Lerninhalte sowie begleitendes Literaturstudi-
um wird von den Teilnehmer*innen eigenverantwortlich in Kleingruppen
(3-5 Personen) geleistet. Die Gruppen treffen sich regelmäßig für insgesamt
80 Unterrichtseinheiten und sind fester Bestandteil der Weiterbildung.
Die Weiterbildung schließt mit einer praxisorientierten Abschlussarbeit und
einer Abschlussveranstaltung ab. Zusätzlich müssen 70 Unterrichtseinheiten eigene Beratungspraxis und drei dokumentierte Beratungsprozesse (von denen ein Prozess mind. 5 Sitzungen umfasst) für das Zertifikat nachgewiesen werden. Das Abschlusszertifikat bescheinigt die Befähigung zur eigenständigen systemischen Beratung. Mit dem Zertifikat können die Absolvierenden die Anerkennung zum*zur Systemischen Berater*in durch die DGSF e.V. erhalten.

Organisatorisches

Die Personenzahl pro Ausbildungsgang ist auf 22 Teilnehmer*innen begrenzt. Die Supervisionen finden ab 16 Personen in zwei Gruppen statt. Die Supervisor*innen wechseln nach einem Jahr, so dass die Teilnehmer*innen verschiedene systemische Arbeitsstile für ihren Lernprozess nutzen können. Bei den Seminaren sorgen die Teilnehmer*innen selbst für ihre Unterkunft. Das 4. Seminar findet in einer externen Bildungsstätte mit Übernachtung statt. Die Übernachtungskosten sind nicht im Gesamtpreis enthalten. Die Supervisionsgruppen werden im Normalfall regional zusammengestellt und treffen sich –wo möglich – in den Einrichtungen der Teilnehmer*innen.
Die Weiterbildung umfasst insgesamt 572 Unterrichtseinheiten (UE á 45 min) und gliedert sich in 220 UE Theorie/Methodik, 102 UE Selbsterfahrung, 100 UE Supervision, 80 UE Intervision/Literaturstudium und 70 UE eigene Beratungs-
praxis. Die Seminarblöcke sind nach dem Niedersächsischen Bildungsurlaubsgesetz als Bildungsurlaub anerkannt.

Kosten

Die Kosten für die Ausbildung betragen 120,- € je Seminar oder Supervisionstag; dies ergibt einen Gesamtpreis von 5.880,- €. Die Kosten werden in 8 Raten über die Dauer der Ausbildung von zwei Jahren beglichen. Für die Weiterbildung in Dresden/Leipzig haben wir entsprechend den Einkommensverhältnissen einen Gesamtpreis von 5.390,- € festgelegt. Bitte beachten Sie, dass das 4. Seminar mit Übernachtung in einer externen Bildungsstätte stattfindet. Dafür fallen – nicht im Gesamtpreis enthaltene – Übernachtungs- und Verpflegungskosten an.

Zielgruppe und Eingangsvoraussetzungen

Die Zielgruppe sind Menschen mit Hochschulabschluss und Fachkräfte mit Ausbildung oder Berufstätigkeit, die soziale und methodische Kompetenzen für Beratungs- und Führungsaufgaben benötigen. Für die Erlangung des Dachverbandzertifikats sind folgende formale Voraussetzungen erforderlich.:
> ein Hochschulabschluss und psychosoziale Praxiserfahrung oder
> ein Berufsabschluss (3 J. Berufsausbildung) im psychosozialen Bereich oder
> ein Berufsabschluss (3 J. Berufsausbildung) und eine mindestens
3-jährige Berufstätigkeit im psychosozialen oder beraterischen Feld
> ein Berufsabschluss (mind. 2 J. Berufsausbildung) und 3-jährige Berufs-
tätigkeit im psychosozialen oder beraterischen Feld und Abschluss einer anderen Weiterbildung im Spannungsfeld von Person, Rolle und Institu-
tion (mind. 100 UE)
Bei anderen Vorbedingungen sprechen Sie uns an, bei Nichterfüllung einzelner formaler Kriterien sind Ausnahmen möglich.

Übersicht über den Lehrplan

1. Block (5 Tage)
Vom Kontakt zum Kontrakt Einstiege gestalten
> Systemische Handlungsmodelle und Schulen
> Kommunikationspsychologische Grundlagen
> Systemische Gesprächsführung mit Einzelnen
> Der Einstieg in die Arbeit (Kontakt, Auftragsklärung, Ziele und Kontrakt definieren)
> Systemische Institutionsanalyse
2. Block (4 Tage)
Arbeit in und mit Systemen
> Systemdiagnose strukturelle, organisatorische und biographische Muster
> Beobachtung, Analyse und Nutzung von Interaktionssequenzen
> Interventionen in Triangulationsdynamiken,
Dreiecksaufträgen, bei Zwangskontexten
> Kliententypen Kunden, Kläger und Geschickte
> Triadische Muster in Unternehmen und Institutionen
3. Block (4 Tage)
Arbeit in und mit Systemen
> Systemdiagnose von komplexen Systemen
> Interaktionen Klientensystem - Helfersystem
> Strukturen, Typen und Entwicklungsphasen von Systemen
> Spezielle Methoden der Gesprächsführung und Systemdiagnose
> Analyse und Nutzung von verbalen und nonverbalen Prozessmustern
4. Block (5 Tage, Übernachtung im externen Seminarhaus)
Arbeit an der Herkunftsfamilie
In diesem Seminar geht es um die Erfassung von Familientraditionen und
ihren prägenden Auswirkungen auf aktuelle Verhaltens- und Erlebens-
muster. Dabei wird die Nützlichkeit einer Mehrgenerationenperspektive für
die Arbeit mit Einzelnen, Gruppen und Familien entwickelt. Wir arbeiten
exemplarisch und anhand einzelner Familiengeschichten mit Familien-
rekonstruktionen und anderen Methoden aus der Familientherapie, der
Gestalttherapie und dem Psychodrama.
Themen sind u.a.
> Wie prägt mich die eigene Herkunftsfamilie in meiner Arbeit?
> Welche Ansätze zur beruflichen und persönlichen Weiterentwicklung bieten sich an?
5. Block (4 Tage)
Systemische Interventionen: Vertiefung und Training
> Planung, Durchführung und Evaluation von Interventionen
Lösungsorientierte Fragetechniken, Dramatisierung, Reframing,
aktivierende Methoden (Skulptur und Aufstellung), Aufgaben und Rituale
> Anpassung der Methoden an spezielle Systemstrukturen
Familien, Gruppen, Organisationskontexte
> Dynamik von Veränderungsprozessen
Umgang mit Blockaden und Widerständen
> Spezielle Interventionsformen
6. Block (4 Tage)
Interventionen in fordernden Situationen
> Lösungsorientierte Arbeit mit Konflikten
als Konfliktpartei und in der Moderation
> Krisenintervention
Halt geben, kurz- und langfristige Strategien
> Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen, Vernetzung
> Interventionen und eigene Psychohygiene
7. Block (4 Tage)
Abschiede gestalten, Perspektiven entwickeln
> Institutionsanalyse
Möglichkeiten und Grenzen des eigenen Arbeitskontextes,
die eigene Position in der Institution
> Umgang mit Trauer und Verlusten in der systemischen Arbeit
> Netzwerkarbeit
> Beendigung der Arbeit und Gestaltung der Abschiedsphase
> Beendigung und Auswertung der Weiterbildung
Die Methodik der Arbeit in den einzelnen Seminaren ist abhängig von den
jeweiligen Inhalten. Generell werden die Lernprozesse erfahrungsgeleitet und handlungsorientiert gestaltet. Gearbeitet wird deshalb möglichst häufig mit Hilfe von Rollenspielen, Skulpturarbeit, strukturierten Einzelübungen, Methoden aus Psychodrama und Gestalttherapie, konkreten Demonstra-
tionen und ähnlichen Arbeitsformen. Auch theoretische Kenntnisse wer-
den praxisnah und erfahrungsorientiert vermittelt.

Einführungsworkshop

Wer uns und unsere Arbeit vor der Anmeldung für eine Weiterbildung
kennen lernen möchte, kann an einem kostenfreien Einführungsworkshop teilnehmen. Neben Informationen zu Konzept und Inhalten der Weiter-bildung wird in aller Regel an einem Fall gearbeitet, um unsere Arbeitsweise praktisch erfahrbar zu machen.

Termine, Orte und Anmeldung

Die aktuellen Starttermine, Orte (Hannover, Dortmund und Dresden/Leipzig) und Anmeldebedingungen der Weiterbildung erhalten Sie hier.

Wenn Sie an einem Weiterbildungskurs teilnehmen möchten, melden sich online an und senden Sie uns bitte Ihre Bewerbung (max. 2 Seiten) mit Lichtbild und folgenden Angaben:

  • Persönliche Daten
  • beruflicher Werdegang, Praxiserfahrung
  • bisherige Aus- und Weiterbildungen
  • derzeitige Tätigkeit
  • Kurz Ihre Ziele, die sie mit der Weiterbildung erreichen möchten

Bitte fügen Sie der Bewerbung jeweils eine Kopie Ihres Hochschul- / Fachhochschulabschlusses / Berufsabschlusses bei. 

Über die Aufnahme in die Weiterbildung werden Sie von uns informiert und erhalten gleichzeitig den Weiterbildungsvertrag. Mit Eingang des unterzeichneten Vertrags und einer Anzahlung von 100€ ist Ihr Platz in der Weiterbildung fest reserviert.